Zugegeben, es braucht eine gute Portion Selbstbewusstsein, um sich nicht einschüchtern zu lassen, wenn man anfangs September die heiligen Hallen der Universität zum ersten Mal betritt.
Alles ist neu, man benötigt einige Zeit, bis man sich im Universitätsdschungel zurechtgefunden hat. Für Einige mag es anfangs etwas befremdlich wirken, den Hörsaal mit über 300 Leuten zu teilen. Während der Vorlesung geht man als Individuum in der Masse komplett unter. Vor diesem Hintergrund stellt das Mantelstudium der Chiropraktik eine angenehme Veränderung dar. Anders als im Hauptstudium kommt man während der Chiropraktiklektionen in Genuss einer persönlichen Atmosphäre. Die geringe Anzahl Studierender ermöglicht ein schnelles Kennenlernen untereinander und bedeutet einen direkten Austausch mit den Dozierenden. Von diesen werden wir als zukünftige Kolleginnen und Kollegen wohlwollend in die Chiropraktorenkreise eingeführt und mit dem Berufsbild vertraut gemacht.
Im 1. Studienjahr stehen Grundlagenfächer im Vordergrund. Das bedeutet leider wenig medizinischen Kontext, trotzdem sind die naturwissenschaftlichen Basics für das Verständnis der folgenden Jahre weitgehend unverzichtbar. Das Mantelstudium liefert hier eine willkommene Abwechslung. Im Gegensatz zu den übrigen Kommilitonen bietet sich uns Chiropraktikstudierenden bereits hier die Möglichkeit, praxisnahe Erfahrungen zu sammeln. Anfängliche Berührungsängste werden schnell überwunden, wenn es daran geht, gegenseitig anatomische Strukturen zu ertasten. Schon nach den ersten Handgriffen wird einem bewusst, dass sich das Finden eines Fazettengelenks in der Realität doch nicht so einfach gestaltet wie man es sich gerne vorstellt. Doch wie überall gilt auch hier; Übung macht den Meister und so entwickelt man bald das nötige Gefühl, gesuchte Strukturen sicher zu palpieren. Natürlich kommt auch die Chiropraktik nicht ohne theoretische Grundlagen aus. So lernen wir im 1. Studienjahr den Aufbau und den daraus resultierenden Bewegungsmöglichkeiten der Wirbelsäule kennen. Schon wenige Lektionen schulen unseren Blick. Wir können die Körperhaltung im Stehen, Sitzen und Liegen verstehen und beschreiben und sind in der Lage Abnormalitäten zu erkennen.
Mit diesem Know-How beginnt man unwillkürlich, die eigene sowie die Haltung Anderer viel bewusster wahrzunehmen. Erkenntnisse über die Evolution der Wirbelsäule, Wissen über das Gangbild, verschiedene Bewegungstests und die segmentale Palpation runden den Stoffkatalog im 1. Jahr ab und machen Lust auf mehr.